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Fastenwanderwoche in der Rhön

Was ist die Rhön eigentlich? Ein flaches Gebirge mit weiten Fernen, das sich zwischen Nordfranken, Hessen und Thüringen erstreckt, man kann sich in die Gegend verlieben. Und wieso war ich so verrückt und tat mir eine Woche Fasten an? Weil ich schon länger damit unter der Leitung von Beate Nordstrand geliebäugelt hatte. Und weil meine Freundin Renate mich sehr dazu ermutigt, mir sozusagen Feuer unterm Hintern gemacht hat. „Wo willst du denn noch abnehmen?“, wurde ich zu Recht gefragt von einer der wenigen Personen, die von meinem Vorhaben wussten. „Also, zum Abnehmen mache ich das bestimmt nicht, aber es soll ja auch so viele gesundheitliche Vorteile haben. Ich bin einfach gespannt auf das Experiment und die Erfahrung. Außerdem ist die Zeit mit einer netten Frauengruppe in einer reizvollen Gegend bestimmt eine schöne Auszeit für mich“, erklärte ich. Wie empfohlen ließ ich im Vorfeld den Kaffee weg. „Nur vorübergehend“, tröstete ich mich und war froh, dass das so leicht ging. Meinen eher homöopathischen Dosierungen sei Dank. Sicherheitshalber futterte ich mir ein gutes Kilo Gewicht an, doch an den beiden sogenannten Entlastungstagen wurde es ernst. Sie sollten den Einstieg ins Fasten erleichtern. Halbe Portion Müsli, Tomatensoße mit 50 Gramm Reis und ein Pfund buntes Gemüse am ersten Tag, ein Pfund buntes Obst und 2x ein Pfund buntes Gemüse am zweiten Tag. Weil das so erstaunlich gut funktionierte, kamen meine vielen Zweifel ins Wanken. Meine Gesichtshaut pulsierte und prickelte angenehm als Folge dieser besonders vitaminreichen Ernährung. Am dritten Tag reiste ich nach Bad Brückenau, da nahm ich so gut wie nichts zu mir außer eine Menge Wasser. Welch ein Wunder, ich litt weder Hunger noch brach ich entkräftet zusammen, alles gut. Das blieb auch an den nächsten Tagen so. Einläufe oder Abführen mit Glaubersalz sind beim Fasten gang und gäbe, und das wird auch wärmstens empfohlen. Hat sicher seinen Nutzen und seine Berechtigung. Aber irgendwie hatte ich ein bisschen Mitleid mit meinem Körper, dem ich jetzt etwas so Ungewohntes zumutete, da wollte ich ihm nicht noch mehr aufbrummen. Also ließ ich es einfach bleiben, beobachtete, ob ich es nicht doch irgendwie nötig hätte. Doch nein, außer einmal ein bisschen schwummrig-blümerant am Morgen fühlte ich mich durchgehend gut. Und nach dem „Frühstück“ blieb dieses Gefühl dann auch weg. Ja, es gab Haferwasser und verdünnten Fruchtsaft aus Thermoskannen, dazu einen Löffel geschroteten Leinsamen. Wir elf Frauen nahmen die „Mahlzeit“ schweigend ein, das hatte was von Exerzitien. Mittags bekam jede Frau einen Teelöffel Honig, den mag ich blank normalerweise überhaupt nicht. Jetzt freute ich mich wie ein Kind zu Weihnachten und genoss jedes Gramm. Und abends bekamen wir pürierte Gemüsesuppe-Tomate, Blumenkohl, Möhre, Broccoli, Rote Bete – an jedem Tag eine andere Farbe, alles von Beate vorgekocht, eingefroren und mitgebracht, so wunderbar gewürzt, dass jeder Schluck eine kleine Geschmacksexplosion war. Meine Mitfasterinnen gewann ich alle lieb – jede Frau eine besondere Schatzkiste für sich. Kneippen und Gymnastik im märchenhaften Kurpark am Morgen mit dem „basischen Morgengruß“, täglich eine kleine Wanderung. Weil Beates Knie gerade streikte, hatte ich mich bereit erklärt, die Wanderungen zu betreuen. An den ersten beiden Tagen hatten wir jeweils etwas übersehen und mussten den richtigen Weg wieder finden. Am dritten Tag hatte ich endlich die Erleuchtung, dass ein Gebet einem Vorhaben eine ganz andere Qualität geben kann. Und siehe da, es lief wirklich besonders rund. Unsere Nachmittage dienten dem Ausruhen mit Leberwickel und Fußbad-wann verwöhne ich mich schon so im Alltag? Die erworbene Tiefenentspannung hält an. Während unserer Abendrunden sangen wir, stellten unsere Lieblingsbücher gegenseitig vor oder erzählten eine besondere Geschichte, die uns mit einem Kleidungsstück verband. Einmal gab es eine Fußmassage und wir schrieben einen Dankesbrief an den eigenen Körper. Beate ist eine Schatzkiste voll mit Ideen, mit denen sie uns beglückte, und sie teilte ihr Wissen über die verschiedenen Fastenaspekte mit uns. Zuhause gewöhnte ich mein Verdauungssystem wieder vorsichtig an feste Nahrung. Der erste Apfel, die erste Scheibe Brot-was für Glücksmomente. Der gefürchtete Jojo-Effekt blieb aus. Fazit: Ich bin megastolz auf meinen Körper, wie toll er das gemacht hat und weiß jetzt, dass Fasten tatsächlich machbar ist.